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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:08.11.2010
Aktenzeichen:2 M 115/09
Rechtsgrundlage:§ 41 Abs. 1 Buchstabe c MVG.EKD; AVR.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Eingruppierung, Erzieherin/Erzieher, Erziehungshilfe (Mitarbeitende)
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Leitsatz:

Einer Erzieherin, die eingebunden in den übergeordneten Fachbereich in einem offenen Ganztag arbeitet und als Ansprechpartnerin des sechsköpfigen Betreuungsteams fungiert und dabei die Organisation und Moderation vor Ort wahrnimmt sowie für die zur Verfügung gestellte Handkasse verantwortlich ist, ist zutreffend in die Entgeltgeltgruppe 8 B 1 AVR.EKD eingruppiert.

Tenor:

Der Antrag der Dienststellenleitung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung einer Mitarbeitenden im offenen Ganztag.
Der Xxx betreibt in Kooperation mit der xxx Grundschule in xxx einen offen Ganztag, der die Betreuung und Förderung von ca. 50 Schülern und Schülerinnen im Alter von 6 bis 10 Jahren vorwiegend aus dem interkulturellen Milieu zur Aufgabe hat. Das dortige Team besteht aus der Erzieherin Xxx und einer weiteren Kinderpflegerin. Außerdem sind als Stundenkräfte drei weitere pädagogische Mitarbeiterinnen und eine Hauswirtschaftskraft beschäftigt. Zusätzlich werden Kursleiter bedarfsweise eingesetzt. Xxx ist die maßgebliche Ansprechpartnerin des Teams. Von der Dienststellenleitung werden die ihr ausdrücklich übertragenen Aufgaben wie folgt dargestellt:
  • Planung und Durchführung der Angebote (Regelangebote wie z. B. Hausaufgabenhilfe, Entspannungsübungen, Freizeitangebote, Elternabende usw.)
  • Planen und Führen von Elterngesprächen
  • Kooperation mit den Lehrenden der Schule
  • Teilnahme an verschiedenen Arbeitskreisen und Gremien (z. B. Qualitätszirkel, Stadtteilgespräche, Steuerungsgruppe)
  • Moderation der Teambesprechungen
  • Ansprechpartnerin für externe und interne Stellen
  • Vermittlung von Fachdiensten
  • Budgetverwaltung im abgesprochenen Rahmen (Handkasse führen, Essengeld annehmen und quittieren)
  • Einkauf der Lebensmittel und sonstigen Materialien
  • Mitwirkung von der konzeptionellen Ausrichtung des Offenen Ganztagsangebotes
Die Dienststellenleitung hat die Mitarbeitervertretung um Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 A 1 a AVR.EKD gebeten. Die Mitarbeitervertretung hat fristgemäß Erörterung beantragt und mit Schreiben vom 10.02.2009 die Erörterung für beendet erklärt. Die Dienststellenleitung hat sodann am 14.12.2009 das vorliegende Schlichtungsverfahren eingeleitet. Sie meint, der Aufgabenkreis von Xxx sei typisch für eine Erzieherin und gehe nicht über das hinaus, was eine Erzieherin an Aufgaben zu bewältigen habe. Insbesondere erfülle sie weder das Merkmal „Leitung“ im Sinne der Anmerkung 10 noch das Merkmal „Leitungsaufgaben“ im Sinne der Anmerkung 11 zum Eingruppierungskatalog der AVR. Alle wesentlichen konzeptionellen, dienstrechtlichen und finanziellen Belange würden von der Fachbereichsleitung entschieden.
Die Xxx übertragenen Aufgaben seien auch nicht schwierig im Sinne der Anmerkung 14 zum Eingruppierungskatalog der AVR.EKD. Denn keine der Tätigkeiten setze auch nur annährend ein vertieftes oder erweitertes Fachwissen voraus, das über die dreijährige Erzieherausbildung hinausgehe. Im Übrigen sei Xxx zu 80 % mit den klassischen Betreuungstätigkeiten befasst, während die verwaltenden und organisatorischen Aufgaben lediglich zu 20 % der Arbeitszeit anfielen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin, Xxx, in die Entgeltgruppe EG 7 A 1 a AVR.EKD besteht.
Die Mitarbeitervertretung bittet um Zurückweisung des Schlichtungsantrags.
Sie steht auf dem Standpunkt, dass die vielschichtigen Aufgaben von Xxx nicht durch die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 7 AVR.EKD gedeckt seien. Vielmehr handle es sich um schwierige Aufgaben im Sinne der Anmerkung 14, weil Xxx zusätzlich zu den anfallenden erzieherischen und betreuerischen Aufgaben die Teamleitung ausübe, die mit einer Vielfalt personalbezogener, organisatorischer, planerischer und konzeptioneller Tätigkeit verbunden sei. Insgesamt gehe daher die Aufgabenstellung von Xxx als Teamleitung weit über die üblichen und normalen Aufgaben einer Erzieherin hinaus und erfüllt damit das Richtbeispiel der Entgeltgruppe 8 A „Erzieherin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen“.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen mündlichen Erklärungen Bezug genommen.
II.
  1. Das Schlichtungsverfahren ist gem. § 60 Abs. 1 MVG.EKD zulässig. Die Beteiligten streiten im Verfahren der beschränkten Mitbestimmung über die zutreffende Eingruppierung einer Mitarbeiterin (§ 42 Buchstabe c MVG.EKD).
    Die Überschreitung der Anrufungsfrist nach § 38 Abs. 4 MVG.EKD ist im vorliegenden Eingruppierungsverfahren nicht von entscheidenden Bedeutung (vgl. KGH.EKD, Beschluss vom 08.08.2005 in ZMV 2006, S. 199).
  2. Der Schlichtungsantrag ist der Sache unbegründet, weil die Mitarbeitervertretung der von der Dienststellenleitung geplanten Eingruppierung zurecht die Zustimmung versagt hat, da die Maßnahme gegen den Eingruppierungskatalog der für die Einrichtung bindenden AVR.EKD verstößt (§ 41 Abs. 1 Buchstabe a MVG.EKD).
    Denn Xxx nimmt unstreitig ihre Aufgaben als Erzieherin eigenständig wahr und hat außerdem nach Überzeugung der Schlichtungsstelle in ihrem Team Leitungsaufgaben, die in ihrer Qualität denjenigen entsprechen, die in den Richtbeispielen „Stationsleiterin, Wohnbereichsleiterin“ zur Entgeltgruppe 8 B aufgeführt sind. Diese Leitungsaufgaben sind zum einen organisatorischer Art. Dazu gehört das Erstellen und Aktualisieren der Wochenpläne, die Vorbereitung, Durchführung und Reflektion der Mitarbeitergespräche, die Einführung und Begleitung neuer Mitarbeitender, die Planung und Durchführung der Elternabende und die Regelung der Krankheitsvertretungen. Diese Aufgaben sind im Schriftsatz der Mitarbeitervertretung vom 03.03.2010 aufgeführt, ohne dass ihr die Dienststellenleitung widersprochen hat. Außerdem hat Xxx wirtschaftliche Verantwortung, indem von ihr die Handgeldkasse verwaltet wird und sie im Rahmen des Budgets Einkäufe für die Einrichtung Offener Ganztag tätigt. Dabei muss richtig gesehen werden, dass die Fachbereichsleitung nicht vor Ort ist und Xxx daher vielfach darauf angewiesen ist, eigene Entscheidungen bei der Gestaltung des Offenen Ganztags zu treffen. Sie ist die maßgebliche Ansprechpartnerin des Teams vor Ort.
    Bei dieser Fallgestaltung kann dahinstehen, ob der Aufgabenkreis von Xxx auch als schwierig im Sinne der Eingruppierungsmerkmale zur Entgeltgruppe 8 A 1. AVR.EKD anzusehen ist. Immerhin steht außer Zweifel, dass sie bei konzeptionellen Fragen, bei der Planung der pädagogischen Angebote und der Einstellung neuer Mitarbeitender mitwirkt. Es spricht einiges dafür, dass hierfür ein erweitertes Fachwissen im Sinne des Obersatzes zur Entgeltgruppe 8 A erforderlich ist.
    Nach alledem liegt ein herausgehobener Aufgabenkreis vor, der einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 A 1 AVR.EKD nicht mehr rechtfertigt. Der Schlichtungsantrag der Dienststellenleitung war daher zurückzuweisen.