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Rundschreiben Nr. 21/2018 des Landeskirchenamtes:
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 über Kirchenzugehörigkeit als berufliche Anforderung

Vom 19. November 2018

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Am 25. Oktober hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sein Urteil in der Rechtssache Egenberger ./. Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. (EWDE) verkündet. Zuvor hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 17. April 2018 entschieden, dass nach dem Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union, insbesondere nach der Richtlinie 2000/78 EG, im Arbeitsverhältnis eine bestimmte Religion gefordert werden könne, wenn es sich um eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung handele. Dies sei von den staatlichen Gerichten voll umfänglich überprüfbar.
Auf der Grundlage der Antworten des EuGH auf die vorgelegten Fragen des Bundesarbeitsgerichts ist am 25. Oktober entschieden worden, dass es sich nicht um eine gerechtfertigte Anforderung handelt, wenn, wie im zu entscheidenden Fall, das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung von einer befristet beschäftigten wissenschaftlichen Referentin verlangt, dass diese Christin sein muss. Nach Ansicht des BAG rechtfertigt es auch nicht die Anforderung der Kirchenzugehörigkeit, dass es zu den Aufgaben gehört, die Diakonie Deutschland nach außen und in Gremien zu vertreten.
Dabei hat das BAG festgestellt, dass § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG (Beachtung des Selbstverständnisses der Religionsgemeinschaft) nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden könne und deshalb unangewendet bleiben müsse. Wie auch bereits der EuGH hat damit das BAG dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht keinen ausreichenden Raum verschafft. Gleiches gilt für den Art. 17 AEUV, nach dem die Europäische Union den rechtlichen Status der Religionsgemeinschaften in den Mitgliedsstaaten achtet und nicht beeinträchtigt.
In der Pressemitteilung hat das BAG ausgeführt, dass die Kirchenzugehörigkeit dann gefordert werden könne, wenn ansonsten eine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestünde, dass das Ethos der Kirche beeinträchtigt würde. Damit hat das BAG eine sehr enge Grenze für die Möglichkeit religionsbezogener beruflicher Anforderungen gezogen. Weiterhin hat das BAG in der mündlichen Begründung ausgeführt, dass der tatsächlich eingestellte Stelleninhaber in einen internen Meinungsbildungsprozess eingebunden war und deshalb in Fragen, die das Ethos der Diakonie bzw. der evangelischen Kirche betrafen, nicht unabhängig handeln konnte. Dies beinhaltet eine weitere Engführung, da dies aufgrund der Entscheidungskompetenzen von Synoden, Kirchenleitungen, Kollegien und anderen Organen oder Ämtern für eine Vielzahl von Fällen gilt.
Die schriftlichen Urteilgründe werden in ca. zwei Monaten vorliegen. Die EKD prüft derzeit die Erfolgsaussichten einer möglichen Verfassungsbeschwerde. Bis zum Vorliegen der Urteilsgründe geben die EKD und die Diakonie Deutschland folgende Empfehlungen, denen wir uns ausdrücklich anschließen:
„Bei künftigen Ausschreibungen sollte geprüft und dokumentiert werden, ob die Anforderungen an eine Kirchenmitgliedschaft durch den spezifischen kirchlichen Auftrag dieser Stelle zur Wahrung des ,Ethos` der Kirche erforderlich ist. Insbesondere sollte geprüft werden, ob in der konkreten Wahrnehmung des Arbeitsauftrags ohne Kirchenzugehörigkeit tatsächlich eine Gefährdung des ,kirchlichen Ethos' möglich und ausreichend wahrscheinlich wäre.
Die Notwendigkeit dieser Prüfung betrifft insbesondere Arbeitsplätze, die nicht den Bereichen Verkündigung, Seelsorge oder kirchliche Leitung zugeordnet werden können. Hier ist darauf hinzuweisen, dass das BAG einen direkten Zusammenhang der Tätigkeiten zu diesen Aufgaben verlangt.“
Wir bitten darum, uns über Klageverfahren im Zusammenhang mit § 9 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu informieren, damit – nach Weiterleitung an die EKD – dort ein Gesamtüberblick möglich bleibt.