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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (nicht rechtskräftig – siehe Urteil des VGH 27/78)
Datum:10.04.1978
Aktenzeichen:VK 2/1977
Rechtsgrundlage:§ 3 Abs. 1 Nr. 2-5, Abs. 2 BVO, §§ 20, 21 KiVwGO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Beihilfe, Gutachten, Psychotherapeutische Leistungen
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Leitsatz:

Zur Beihilfefähigkeit psychotherapeutischer Behandlung unter Berücksichtigung fachärztlicher Gutachten

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.
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Tatbestand:

Der am 16. September 1939 geborene Antragsteller stand seit Ende 1974/Anfang 1975 in psychotherapeutischer Gruppenbehandlung und seine am 9. Juli 1949 geborene Ehefrau seit Ende 1973/Anfang 1974 in psychotherapeutischer Einzelbehandlung. Dafür sind bis zum 31. Oktober 1975 beim Antragsteller Aufwendungen in Höhe von 1.050,-- DM und bei seiner Ehefrau solche in Höhe von 8.100,-- DM entstanden. Darauf hat der Antragsgegner bei einem Bemessungssatz von 65 v.H. -2 Kinder -Beihilfen von insgesamt 5.948,-- DM gezahlt.
Als Beihilfefestsetzungsstelle forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 22. Oktober 1975 auf, ein amtsärztliches Gutachten über die Notwendigkeit und den angemessenen Umfang der psychotherapeutischen Behandlung vorzulegen. Am 30. Oktober 1975 wurden der Antragsteller und seine Ehefrau vom Kreismedizinaldirektor Dr. Sch., der kein Psychotherapeut ist, des Märkischen Kreises untersucht. Aufgrund des von dem Amtsarzt erstellten Gutachtens vom 26. Januar 1976, lehnte der Antragsgegner durch Beschlüsse vom 31. März und 28. Mai 1976 die Anerkennung der Beihilfefähigkeit von weiteren Aufwendungen des Antragstellers und seiner Ehefrau für psychotherapeutische Behandlungen ab. Die gegen diese Entscheidungen eingelegte Beschwerde des Antragstellers wies die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen in ihrer Sitzung vom 25. Mai 1977 als unbegründet zurück, nachdem zuvor durch das Landeskirchenamt fachärztliche Gutachten des Chefarztes der Neurologischen Klinik des Ev. Krankenhauses B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E., eingeholt worden waren. Dieser war auf Grund der von ihm am 30. August 1976 ambulant durchgeführten Untersuchen in seinen unter dem 28. Februar 1977 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass weder beim Antragsteller noch bei seiner Ehefrau krankheitswertige Funktionsstörungen vorliegen würden.
Der Antragsteller, der nur bis Juli 1976 im Bereich des Antragsgegners tätig war, führt mit seinem am 2. August 1977 eingegangenen Antrag an die Verwaltungskammer im wesentlichen aus: die bisher eingeholten Gutachten des Kreismedizinaldirektors Dr. Sch. und des Chefarztes Dr. E. könne er nicht anerkennen, weil beide keine Psychotherapeuten seien und deshalb eine psychotherapeutische Behandlung nicht beurteilen könnten. Vielmehr halte er die Einholung eines weiteren Gutachtens sowohl bei ihm als auch bei seiner Ehefrau für notwendig. Als Sachverständigen benenne er dafür Prof. Dr. med. W., Direktor des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie in G., H.- S.-Str.. Er (der Antragsteller) sei nach dem 31. Oktober 1975 nicht mehr in psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Hingegen sei seine Ehefrau noch behandelt worden, wofür er bei einer Behandlungsdauer von etwa 85 Stunden ca. 6000,-- DM gezahlt habe. Dies sei deshalb für ihn sehr kostspielig geworden, weil seine Krankenkasse die Erstattung für diese Aufwendungen Ende 1975/Anfang 1976 eingestellt habe.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung der ablehnenden Beschlüsse des Antragsgegners vom 31. März und 28. Mai 1976 und des Beschwerdebescheides der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 25. Mai 1977 den Antragsgegner für verpflichtet zu erklären, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für seine psychotherapeutische Behandlung und für die seiner Ehefrau bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienstbereich des Antragsgegners anzuerkennen.
Der Antragsgegner beantragt unter Bezugnahme auf die bisher eingeholten ärztlichen Stellungnahmen, die er für zutreffend und ausreichend hält,
den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, der von dem Antragsgegner überreichten Verwaltungsunterlagen und der beigezogenen Beschwerdeakten (insgesamt 2 Hefte) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Der von dem Antragsteller gestellte Antrag ist zulässig, sachlich aber unbegründet.
Das Begehren des Antragstellers scheitert nicht schon daran, dass er im Juli 1976 aus dem Dienstbereich des Antragsgegners ausgeschieden ist und für ihn nach dem 31. Oktober 1975 keine hier allein interessierende Aufwendungen mehr wegen psychotherapeutischer Behandlung entstanden sind. Die Tatsache, dass für seine Ehefrau entsprechende Kosten noch während seiner Dienstzeit im Dienstbereich des Antragsgegners als der zuständigen Festsetzungsstelle erwachsen sind, genügt. Nach der für das Dienstverhältnis des Antragstellers anzuwendenden und für den staatlichen Landesbereich erlassenen Verordnung über die Gewährung von Beihilfen im Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung -BVO-) vom 27. März 1975, GV NW S. 332, sind neben seinen Aufwendungen in Krankheitsfällen auch unter den gleichen Voraussetzungen die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für seinen unterhaltsberechtigten Ehegatten und seine zum Kinderzuschlag berechtigenden Kinder beihilfefähig. Dabei entscheidet nach § 3 Abs. 2 S. 1 über die Notwendigkeit und den angemessenen Umfang von Aufwendungen die Festsetzungsstelle. Sie ist weiter, wie sich aus § 3 Abs. 2 S. 2 BVO ergibt, befugt, bei Zweifeln über die Notwendigkeit und den angemessenen Umfang ein Gutachten eines Amts- oder Vertrauensarztes (-zahnarztes) einzuholen. Dabei hat sich die Festsetzungsstelle auf die Prüfung zu beschränken, ob die Behandlung durch einen Arzt als solche deshalb notwendig war, weil die den Beihilfeanspruch auslösende Person auch tatsächlich erkrankt ist. Wenn von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 BVO abgesehen wird, sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 nur die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden sowie für die dauernde Unterbringung in Krankenanstalten, Pflegeanstalten- oder Heil- und Pflegeanstalten beihilfefähig. Als Krankheit wird insoweit jede Störung der körperlichen und geistigen Gesundheit angesehen, "d.h. jede Abweichung von der Norm, die geeignet ist, das Wohlbefinden zu beeinträchtigen.
Vom Krankheitsbegriff werden nicht normal verlaufende Erscheinungen oder Schwankungen der Funktionen erfasst, denen jeder Körper ausgesetzt ist und die seiner Natur oder dem natürlichen Auf und Ab seiner Leistungsfähigkeit entsprechen, wie etwa die Menstruation, das Greisenalter, Ermüdungserscheinungen oder Hunger. Solange solche Erscheinungen und Schwankungen nicht über das allgemeine und übliche Maß hinausgehen, sind sie keine Normalabweichungen".
Köhnen -Mohr, Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, September 1976, Anm. 2 zu § 3 (B 43).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Ausgangslage hat der Antragsgegner die Weitergewährung der Beihilfe für die dem Antragsteller nach dem 31. Oktober 1975 entstandenen Aufwendungen für weitere psychotherapeutische Behandlungen zu Recht versagt. Diese Folgerung ergibt sich nicht nur aus der von dem Kreismedizinaldirektor Dr. Sch. unter dem 26. Januar 1976 erstatteten gutachtlichen Stellungnahme. Vielmehr hat gerade der von der Evange1ischen Landeskirche von Westfalen im Beschwerdeverfahren zusätzlich gehörte Facharzt Dr. E. in seinen ausführlichen Gutachten überzeugend dargelegt, dass weder beim Antragsteller noch bei seiner Ehefrau krankheitswertige Funktionsstörungen vorliegen würden. Die Gutachten des Sachverständigen Dr. E., der zwar kein Psychotherapeut, wohl aber Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und Chefarzt der Neurologischen Klinik des Ev. Krankenhauses B. ist, sind eingehend begründet. Gegen die von ihm getroffenen Feststellungen hat der Antragsteller keine Einwände vorgebracht, die es rechtfertigen würden, die von ihm geforderten Obergutachten einzuholen. Der Hinweis allein, dass Dr. E. kein Psychotherapeut ist, reicht dafür nicht aus. Vielmehr hat nach der Auffassung der Kammer insoweit der im staatlichen Bereich geltende Grundsatz auch hier zu gelten, dass die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über die Einholung eines Gutachtens (Obergutachtens) nach §§ 20, 21 der kirchlichen Verwaltungsgerichtsordnung (KiVwGO) nur geboten ist, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder Widersprüche aufweisen und sich infolgedessen die Einholung eines (weiteren) Gutachtens dem Gericht hätte aufdrängen müssen.
Vgl. für den staatlichen Bereich Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) , Urteil vom 28. August 1964 -VI C 45. 61 –, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG, 232, § 42, BBG, Nr. 3.
Dies ist dann der Fall, wenn Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen aufkommen oder der Sachverständige von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht.
Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, u.a. Urteile vom 9. Februar 1977 -VI A 148/75 – und vom 22. Dezember 1977 -VI A 403/76 –, (n.v.).
Da gerade im Hinblick auf die Gutachten des Facharztes Dr. E. diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, kann das mit dem Antrag im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Begehren keinen Erfolg haben.