.
Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:19.12.2001
Aktenzeichen:VK 3/99
Rechtsgrundlage:PfUKG § 7 Abs. 1
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Umzugskosten, Dienstwohnung
#
Die zweitinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VGH 8/00 aufrufen.
#

Leitsatz:

Zieht ein Pfarrer vor seinem Eintritt in den Ruhestand aus eigenem Entschluss aus seiner Dienstwohnung in ein in seinem Eigentum stehendes Haus, steht ihm Umzugskostenvergütung auch dann nicht zu, wenn ihm dieser Umzug von seiner Anstellungskörperschaft gestattet worden ist.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
#

Tatbestand:

Der Kläger (Kl.) ist seit 30. September 1996 als Pfarrer im Ruhestand. Bis 31. Dezember 1993 bewohnte er das Pfarrhaus … in A. als ihm zugewiesene Dienstwohnung.
Während seiner aktiven Dienstzeit errichtete er in A., ein eigenes Haus. Mit Schreiben vom 15. November 1993 teilte er dem Kreissynodalvorstand (KSV) … mit,
„dass mein Haus, … in A., welches als meine Ruhestandswohnung vorgesehen ist, in Kürze fertig gestellt sein wird. Eine kurzfristige Vermietung ist vor meiner baldigen Pensionierung unzweckmäßig und nicht möglich. Ich beabsichtige daher baldmöglichst umzuziehen und bitte Sie, den Umzug zu genehmigen.“
Der KSV fasste am 29. November 1993 folgenden Beschluss:
„Der KSV genehmigt Herrn Pfarrer K., A., den vorzeitigen Umzug aus der bisherigen Dienstwohnung …, A., in sein Privathaus, da vor der Pensionierung eine kurzfristige Vermietung des Privathauses nicht zweckmäßig ist.“
Daraufhin zog der Kl. um.
Mit Schreiben vom 31. Januar 1994 legte der Kl. dem Beklagten (Bekl.) die Orginalrechnung über den Umzug vor und beantragte deren Erstattung. Er nahm Bezug auf den KSV-Beschluss vom 29. November 1993 und bat,
„unter Berücksichtigung der besonderen Sachlage – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zum jetzigen Zeitpunkt die Umzugsvergütung schon heute zu zahlen. Es würde für mich eine besondere Härte bedeuten, wenn ich die erheblichen Aufwendungen für den Umzug aus eigenen Mitteln vorfinanzieren müsste. Hilfsweise bitte ich um die schriftliche Zusage der Kostenerstattung im Zusammenhang mit meiner Pensionierung.“
Mit Schreiben vom 3. Januar 1995 an den Bekl. erinnerte er an eine Antwort. Da er gleichwohl keinen Bescheid erhielt, erinnerte er mit Schreiben vom 16. September 1996 erneut und bat nochmals um Erstattung der an die Firma J., L., gezahlten Umzugskosten von 6675,75 DM.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1996 lehnte der Bekl. eine Erstattung ab, weil der Kl. drei Jahre vor seiner Versetzung in den Ruhestand aus seiner Dienstwohnung ausgezogen sei. Das Bewohnen einer Dienstwohnung im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand sei aber nach § 7 Abs. 1 PfUKG (Kirchengesetz über die Umzugkosten der Pfarrer und Prediger in der Evangelischen Kirche von Westfalen – Pfarrer-Umzugskostengesetz – in der Bekanntmachung vom 4. Dezember 1985 [KABl. 1985 S. 176]) Voraussetzung für die Erstattung von Umzugskosten.
Gegen diese Ablehnung wandte sich der Kl. nunmehr mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. März 1997. Er machte geltend, dass die Ablehnungsentscheidung aus mehreren Gründen keinen Bestand haben könne. Aus dem Wortlaut des KSV-Beschlusses ergebe sich bereits, dass ursächlich für die Genehmigung zur Räumung der Dienstwohnung die Tatsache gewesen sei, dass der Kl. in naher Zukunft in den Ruhestand gehen würde. Dies reiche zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 7 PfUKG aus. Entgegen der Auffassung des Bekl. sei es nicht erforderlich, dass die Dienstwohnung zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand bewohnt werde und ein dienstliches Interesse an dem Freiwerden der Wohnung bestehe. Solche Voraussetzungen seien in § 7 PfUKG nicht normiert. Entscheidend sei allein, dass der Kl. die Wohnung einvernehmlich geräumt habe. Insoweit habe es auch nicht einer Fristsetzung zur Räumung der Wohnung bedurft. Das müsse erst recht gelten, als der Kl. „verzweifelt“ versucht habe, das Haus zu kaufen, der Bekl. das abgelehnt, aber nach dem Auszug des Kl. auf dem freien Markt veräußert habe. Dies zeige das gesteigerte Interesse des Bekl. an der Räumung des Hauses. Letztlich ergebe sich der Zahlungsanspruch des Kl. aus der Fürsorgepflicht des Bekl. ihm gegenüber. Um den Kl. vor Schaden zu bewahren, hätte ihm mit Genehmigung des Auszugs gleichzeitig mitgeteilt werden müssen, dass aufgrund des vorzeitigen Auszugs keine Umzugskosten erstattet werden.
Der Bekl. blieb bei seiner Ablehnung und teilte dies den Prozessbevollmächtigten des Kl. mit Schreiben vom 14. März 1997 mit. Er wiederholte den bisher mitgeteilten Ablehnungsgrund und fügte ergänzend hinzu, dass es schon an der Grundvoraussetzung des § 1 Abs. 1 PfUKG fehle, wonach Umzugskostenvergütung während der Amtszeit nur zugesagt werden könne, wenn aus dienstlichen Gründen eine andere Wohnung zugewiesen werde. Der KSV-Beschluss vom 23. November 1993 sei lediglich ein freundliches Entgegenkommen gegenüber dem privaten Wunsch des Kl. gewesen. Ein gesteigertes Interesse an der Räumung des Hauses durch den Kl. habe der KSV nicht gehabt.
Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt weder das Schreiben des Bekl. vom 15. Oktober 1996 noch das vom 14. März 1997.
Gegen die Ablehnung der Umzugskostenerstattung erhob der Kl. zunächst mit Schriftsatz vom 19. November 1997 beim Verwaltungsgericht Arnsberg – dort am 21. November 1997 eingegangen – Klage, die dort unter dem Aktenzeichen 12 K 5299/97 geführt wurde. Nach einem rechtlichen Hinweis der Kammer auf die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den staatlichen Gerichten nahm der Kl. seine dort erhobene Klage mit Schriftsatz vom 23. Juni 1999 – beim Verwaltungsgericht am 24. Juni 1999 eingegangen – zurück.
Mit Schriftsatz vom 9. Juli 1999, eingegangen am 13. Juli 1999, hat der Kl. nunmehr bei der Verwaltungskammer Klage erhoben.
Auf den Hinweis des Vorsitzenden vom 9. März 2000, dass nicht ersichtlich sei, dass das nach § 22 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGG) vorgeschriebene Widerspruchsverfahren durchgeführt sei, machte der Kl. geltend, sein Schreiben vom 3. März 1997 an den Bekl. sei als Widerspruch zu werten, das Schreiben des Bekl. vom 14. März 1997 als dessen Zurückweisung. Das besondere Rechtsbehelfsverfahren sei damit durchgeführt.
Auf Hinweis des Vorsitzenden vom 26. Februar 2001 auf einzuhaltende Fristen hat der Kl. nach Überprüfung seiner bisherigen Rechtsauffassung mit Schriftsatz vom 9. März 2001 mitgeteilt, das Schreiben des Bekl. vom 15. Oktober 1996 sei nicht als rechtsmittelfähiger Bescheid gekennzeichnet. Er wiederholt seine Auffassung im Übrigen, weist insbesondere daraufhin, dass der Bekl. trotz des Widerspruchsschreibens vom 3. März 1997 die Angelegenheit nicht dem Landeskirchenamt (LKA) vorgelegt habe. Abweichend von seiner bisherigen Wertung trägt er sodann vor, dass beide Prozessbeteiligten offenbar davon ausgegangen seien, dass kein Verwaltungsakt erlassen worden sei und der Kl. auf den Weg der Leistungsklage ohne vorheriges Vorverfahren verwiesen werden sollte.
Der Kl. wiederholt mit der Klage die Gründe für den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Umzugskostenersatz, die er bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat. Ergänzend führt er aus, dass es ratio legis des § 7 Abs. 1 PfUKG sei, dem Pfarrer, der während seiner Dienstzeit die Pflicht zum Bezug einer Dienstwohnung habe, die mit seinem Ausscheiden auftretenden Belastungen wegen der anstehenden Räumung der Dienstwohnung zu erstatten. Der Kl. sei mit seinem vorgezogenen Auszug der automatischen Aufforderung des Bekl. zur Räumung der Dienstwohnung bei Eintritt in den Ruhestand schlichtweg zuvorgekommen. Mit der Umzugsgenehmigung sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der auch die Erstattung der Umzugskosten umfasse.
Der Kl. beantragt,
den Bekl. unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Oktober 1996 zu verurteilen, an den Kl. 6675,75 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seine Begründung der Ablehnung aus dem Verwaltungsverfahren. Insbesondere weist er darauf hin, dass der Kl. mehrfach mündlich durch den Superintendenten des Kirchenkreises, Herrn Q., und den Personalsachbearbeiter im Kreiskirchenamt, Herrn G., gesagt worden sei, dass ihm eine Erstattung der Umzugskosten nicht zustehe. Die für die Zahlung von Umzugskosten notwendige Voraussetzung einer schriftlichen Zusage der Vergütung gleichzeitig mit der den Umzug veranlassenden Maßnahme sei nicht gegeben.
Die Verwaltungskammer hat die den Streitfall betreffenden Verwaltungsakten beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und den Wortlaut der Schriftsätze der Prozessbeteiligten in diesem Verfahren Bezug genommen.
#

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.
Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass sich der Kl. gegen die Ablehnung der von ihm begehrten Umzugskostenerstattung mit Schreiben des Bekl. vom 15. Oktober 1996 erst mit Schreiben vom 3. März 1997 gewehrt hat, mithin die Monatsfrist für die Einlegung des Widerspruchs (§ 22 VwGG) um ein Mehrfaches überschritten ist, denn wegen der in dem Schreiben des Bekl. vom 15. Oktober 1996 fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung gilt gem. § 25 VwGG eine Jahresfrist. Diese Frist hat der Kl. mit seinem Schreiben vom 3. März 1997 eingehalten.
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Klage des Kl. wegen Erstattung der Umzugskosten erst am 13. Juli 1999 bei der Verwaltungskammer eingegangen ist. Zwar ist eine Klage gem. § 26 VwGG binnen eines Monats nach Zustellung oder Bekanntgabe der Entscheidung über den Widerspruch zu erheben. Dies setzt aber voraus, dass eine Widerspruchsentscheidung überhaupt vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall. Das zweite ablehnende Schreiben des Bekl. (vom 14. März 1997) kann entgegen der Auffassung des Kl. nicht als Widerspruchsbescheid gewertet werden. Zwar ist das Schreiben des Kl. vom 3. März 1997 inhaltlich ein Widerspruch, das auf der Ablehnung beharrende Schreiben des Bekl. jedoch kein Widerspruchsbescheid. Über den Widerspruch des Kl. hätte gem. § 4 Satz 3 AGVwGG (Ausführungsgesetz zum VwGG der Evangelischen Kirche der Union vom 14. November 1996 – KABl. 1996 S. 320) das LKA zu entscheiden gehabt. Dies ist bisher nicht geschehen.
Schließlich steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass die Prozessbevollmächtigten des Kl. zunächst bei dem unzuständigen Verwaltungsgericht Arnsberg Klage erhoben haben. Weder die Klageerhebung vor einem Gericht des Landes Nordrhein-Westfalen noch deren Rücknahme beeinträchtigt die Zulässigkeit der Klage vor der zuständigen Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen, insbesondere bedeutet die Rücknahme der beim Verwaltungsgericht Arnsberg erhobenen Klage keinen Klageverzicht. Ein Klageverzicht hätte nur dann in dieser Klagerücknahme liegen können, wenn das staatliche Gericht befugt gewesen wäre, die Klage an das kirchliche Gericht zu verweisen. Diese Kompetenz hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg jedoch nicht.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bekl. hat den vom Kl. begehrten Ersatz der ihm durch seinen Umzug aus dem Pfarrhaus … in A. in sein eigenes Haus … in A entstandenen Aufwendungen zu Recht abgelehnt. Nach dem PfUKG steht dem Kl. eine Umzugskostenvergütung nicht zu, da keiner der dort enumerativ genannten Fälle vorliegt.
Insbesondere ist kein Anspruch aus § 7 Abs. 1 PfUKG gegeben, auf den sich der Kl. berufen hat. Der Kl. ist zwar mit Ablauf des 30. September 1996 in den Ruhestand getreten, er hat jedoch seine Dienstwohnung nicht innerhalb einer von seiner Anstellungskörperschaft bestimmten angemessenen Frist geräumt, wie es das Gesetz als Anspruchsvoraussetzung normiert, sondern ist fast drei Jahre vor seiner Pensionierung aus eigenem Entschluss in das in seinem Eigentum stehende Haus gezogen. Dass ihm der Auszug aus der Dienstwohnung mit Blick auf die von ihm geltend gemachten Gründe (Unzweckmäßigkeit bzw. Unmöglichkeit einer kurzfristigen Vermietung wegen kurzer Vermietungszeit) gestattet worden ist, ist für den Bestand einer Forderung des Kl. auf Umzugskostenerstattung ohne Bedeutung. Durch den Beschluss des KSV wird lediglich der vorzeitige Auszug des Kl. aus seiner damaligen Dienstwohnung genehmigt. Eine Aussage zur Gewährung einer Umzugskostenentschädigung enthält dieser Beschluss nicht.
Ohne jegliche Bedeutung ist, dass sich der Kl. zunächst über Jahre hinweg um den Kauf des Pfarrhauses … vergeblich bemüht hat und der Bekl. ihm gegenüber erklärte, das Haus für einen Nachfolger zu brauchen.
Soweit der Kl. vorträgt, dass das Pfarrhaus … schließlich mit Genehmigung des LKA vom 4. Oktober 1994 eingezogen und in der Folge auf dem Immobilienmarkt in A. angeboten wurde, wird dadurch nur deutlich, dass das Haus doch nicht mehr für dienstliche Zwecke benötigt wurde.
Soweit der Kl. geltend macht, dass er bei seinem Übertritt in den Ruhestand automatisch aufgefordert worden wäre, die Dienstwohnung zu räumen, handelt es sich um die Berufung auf einen damals in der Zukunft liegenden hypothetischen Ablauf, der nicht entscheidungserheblich ist, weil es nicht der tatsächliche Geschehensablauf ist.
Der Kl. kann sein Begehren auch nicht als Schadensersatzanspruch aus Verletzung der Pflicht des Bekl. zur Fürsorge gegenüber dem Kl. geltend machen, denn eine solche Pflichtverletzung ist nicht feststellbar. Zur Fürsorge gegenüber dem Kl. kann zwar auch eine Pflicht zur Belehrung über die Folgen eines bestimmten Handelns des Kl. gehören. Hier ist jedoch eine solche Belehrungspflicht nicht gegeben. Eine allgemeine Belehrungspflicht des Bekl. gegenüber dem Kl. besteht nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts [BVerwG] für das staatliche Verwaltungsrecht: vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 – BVerwG 2 C 10/96 –, BVerwGE 104, 55 ff.). Der Bekl. hat auch keinen besonderen Anlass gehabt, den Kl. darüber zu belehren, dass bei einem freiwilligen Auszug aus dem Pfarrhaus vor Eintritt in den Ruhestand eine Umzugskostenentschädigung nicht gezahlt wird, denn es ist selbstverständlich, dass bei einem freiwilligen auf privaten Gründen beruhenden Auszug aus einer Dienstwohnung keine Umzugskostenentschädigung gewährt wird.
Da keine Belehrungspflicht bestand, bedarf es auch keiner Beweiserhebung darüber, ob eine mündliche Belehrung des Kl. – wie vom Bekl. behauptet – durchgeführt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 1 VwGG.