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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 24.11.2005 |
Aktenzeichen: | VK 6/05 |
Rechtsgrundlage: | § 19 VwGG; § 46 b Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Rechtsweg (unzulässig), Ausgleichsbetrag, Zusatzversorgungskasse |
Leitsatz:
Für Streitigkeiten zwischen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen und einem ausgeschiedenen Beteiligten wegen der Erhebung eines Ausgleichsbetrags ist der Rechtsweg zu der Verwaltungskammer nicht eröffnet.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
#Tatbestand:
Die Klägerin, die in M.-V. als Mitglied im D. W. M. Beratungsstellen und Rehabilitationseinrichtungen sowie Adaptionseinrichtungen für Suchtkranke betreibt, war der Beklagten durch Beteiligungsvereinbarung vom 27. Dezember 1996/1. April 1997/8. April 1997 mit Wirkung zum 1. Januar 1997 als Beteiligte beigetreten. Unter dem 28. Juni 2002 kündigte sie wegen Veränderung der Beitrags- und Leistungsmodalitäten (Umstellung vom umlagefinanzierten zum kapitalgedeckten Versorgungssystem) die Beteiligungsvereinbarung.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund eines Beschlusses des Vorstandes ein Ausgleichsbetrag nach § 74 b der Satzung von der Klägerin zu erheben sei und diese die für die Berechnung anfallenden Kosten zu tragen habe.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31. Januar 2003 Widerspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass § 74 b der Satzung rechtswidrig sei.
Aufgrund Beschlusses ihres Widerspruchsausschusses wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2003 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Dezember 2003 erfolglos Klage vor dem Schiedsausschuss der Beklagten, dessen Urteil vom 17. Dezember 2004 den Beteiligten frühestens im Februar 2005 zugestellt wurde. Bereits am 2. Dezember 2004 hatte die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Sch. gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erhoben.
Mit ihrer am 23. Juni 2005 vor der erkennenden Kammer erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 30. Dezember 2002 und des Urteils des Schiedsausschusses. Sie ist der Auffassung, dass der Rechtsweg nach § 19 VwGG eröffnet sei. Die Regelung in der Satzung der Beklagten, dass der Schiedsausschuss abschließend entscheide, sei unwirksam, weil der Klägerin hierdurch der an sich offene Rechtsweg zu den kirchlichen Verwaltungsgerichten genommen werde. Eine Kontrolle der Satzung sei einer Entscheidung des Schiedsausschusses entzogen, weil dieser endgültig nur über Streitigkeiten über Beiträge und Leistungen zwischen den Beklagten und den Arbeitgebern entscheiden könne. Letztlich würde, wie es § 19 VwGG voraussetze, im vorliegenden Verfahren über Entscheidungen der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland gestritten. Denn die Beklagte unterstehe der Aufsicht der Kirchenleitung. Auch seien die Kirchenleitungen durch das Kirchengesetz über die Errichtung der Beklagten ermächtigt worden, für das Ausscheiden kirchlicher Arbeitgeber mit dem Vorstand der Beklagten Bestimmungen und Vereinbarungen zu treffen. Demzufolge gingen die einschlägigen Regelungen in der Satzung der Beklagten auf Entscheidungen der Kirchenleitung zurück. Den staatlichen Verwaltungsrechtsweg habe sie – die Klägerin – nur rein vorsorglich eingeschlagen.
In der Sache macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Festsetzung eines Ausgleichsbetrages sei Ausfluss des vormals geltenden Umlageverfahrens, in dem das Solidarprinzip in der Weise bestehe, dass viele Beitragszahler die Ansprüche der Leistungsempfänger gegen die Kasse trügen. Sinn des Ausgleichsbetrages sei es, bei Ausscheiden eines Beteiligten die Belastung von den übrigen noch in der Kasse befindlichen Beitragszahlern dadurch zu nehmen, dass der ausgeschiedene Beteiligte die versicherungsmathematisch zu errechnenden Kosten trage, die aufgrund des Ausscheidens nun nicht mehr gezahlt werden könnten und in Höhe derer die Gemeinschaft der Beitragszahler zusätzlich belastet sei. Demgegenüber zahle mit der Umstellung auf eine kapitalgedeckte Altersversorgung der Arbeitnehmer in ein Punktesystem ein. Aufgrund der eingezahlten Punkte erwerbe er Ansprüche auf Leistung gegen die Kasse; hierdurch entfalle ein künftige Generationen belastendes Umlageverfahren. Damit bestehe auch keine Notwendigkeit mehr zur Festsetzung eines Ausgleichsbetrages, zumal die bisherigen im Umlageverfahren erworbenen Ansprüche der Berechtigten nach eigener Aussage der Beklagten durchfinanziert seien.
Die Klägerin beantragt, | |
den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2003 aufzuheben. | |
Die Beklagte beantragt, | |
die Klage abzuweisen. |
Sie macht geltend, dass der Rechtsweg zur Verwaltungskammer nicht eröffnet sei. Entsprechend der kirchengesetzlichen Ermächtigung sei in der Satzung die endgültige Entscheidungsbefugnis des Schiedsausschusses festgelegt worden. Eine Zuständigkeit der Verwaltungskammer als Rechtsmittelinstanz bestehe nicht. Den gegen die Rechtswirksamkeit des § 74 b der Satzung vorgebrachten Bedenken tritt die Beklagte entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig.
Der Rechtsweg zur Verwaltungskammer ist nicht eröffnet. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2002 ist nicht von der Rechtswegregelung des § 19 des Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit – Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGG) – erfasst, die enumerativ und abschließend die Zuständigkeit der kirchlichen Verwaltungsgerichte festlegt.
Bei der Klage gegen die von der Beklagten getroffene Entscheidung über die Erhebung eines Ausgleichsbetrages handelt es sich nicht um eine Streitigkeit aus dem Bereich der kirchlichen Aufsicht im Sinne des § 19 Abs. 1 VwGG. Angefochten ist vielmehr eine Entscheidung aus dem Beteiligungsverhältnis zur Beklagten, die eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist (vgl. § 1 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 29. Oktober 1954 – KABl. 1955 S. 45 –, § 2 Abs. 1 der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen vom 12. November 2002 – KABl. 2002 S. 295 – im Folgenden: Satzung). Dass die Beklagte der Aufsicht der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland unterliegt (so § 8 Abs. 1 der Satzung in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung – vgl. § 1
Nr. 8, § 2 Satz 2 der 1. Änderung der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen vom 28. November 2003 – KABl. 2004 S. 120 –; § 7 Abs. 1 der Neufassung), ist in diesem Zusammenhang ebenso ohne Belang wie der Umstand, dass, wie die Klägerin geltend macht, die von ihr als unwirksam angesehene Satzungsregelung über die Zahlung eines Ausgleichsbetrages letztlich im Benehmen mit den Kirchenleitungen getroffen worden ist. Abgesehen davon, dass die Satzungsregelung nicht unmittelbar Streitgegenstand ist, stellt sie auch keine Entscheidung im Sinne der Vorschrift dar. Im Übrigen richtet sich die Klage auch nicht gegen eines der in § 19 Abs. 1 VwGG aufgeführten Organe.
Eine dienstrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 VwGG liegt ersichtlich nicht vor.
Demnach könnte allenfalls nach § 19 Abs. 3 VwGG der Rechtsweg zum kirchlichen Verwaltungsgericht eröffnet sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn es fehlt insoweit an einer nach der Vorschrift vorausgesetzten Bestimmung des kirchlichen Rechts, die die Zuständigkeit der kirchlichen Verwaltungsgerichte eröffnete. Vielmehr hat im Gegenteil kirchliches Recht für Streitigkeiten zwischen der Beklagten und Beteiligten, wozu auch Streitigkeiten mit ehemaligen Beteiligten aus dem Abwicklungsverhältnis gehören, sogar ausdrücklich eine anderweitige Regelung getroffen. Nach § 46 b der Satzung in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (vgl. § 1 Nr. 31, § 2 Satz 2 der 1. Änderung der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen vom 28. November 2003 – KABl. 2004 S. 120 –) entscheidet über Rechte und Pflichten aus dem Beteiligungsverhältnis der Vorstand der Beklagten durch Bescheid. Gegen den Bescheid des Vorstandes kann Widerspruch eingelegt werden, über den der Widerspruchsausschuss des Verwaltungsrates entscheidet (Abs. 2). Gegen die Entscheidung des Widerspruchsausschusses kann Klage beim Schiedsausschuss erhoben werden, der über die Klage endgültig entscheidet (Abs. 3). Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 der Satzung entscheidet in diesem Fall der Schiedsausschuss als ein unabhängiges und nur dem geltenden Recht unterworfenes Kirchengericht.
Nach der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Neufassung des § 46 b der Satzung kann gegen die Widerspruchsentscheidung des Verwaltungsrates innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim ordentlichen Gericht erhoben werden.
Für die Anrufung der Verwaltungskammer ist nach alledem kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.