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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:28.11.2002
Aktenzeichen:VK 8/01
Rechtsgrundlage:§§ 2 Abs. 2 S. 2, 42 Abs. 2 S. 1 u. 2 PfDG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Schadensersatzanspruch, Fürsorgepflichtverletzung, Pfarrdienstwohnung, Einbruch
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Leitsatz:

Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung; Pfarrdienstwohnung.
Zur Haftung nach Einbruch in Pfarrhaus

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der Kläger war Inhaber einer Pfarrstelle in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde B… im Kirchenkreis, aus der er mit Ablauf des 30. Juni 2000 abberufen worden ist. In der Folgezeit wohnte er mit seiner Ehefrau und seinem Sohn bis zum Auszug im Herbst 2002 weiterhin in dem Pfarrhaus P..weg .... Die Wohnräume befinden sich im Obergeschoss des Gebäudes. Das Erdgeschoss wird für gemeindliche Zwecke genutzt; außerdem befindet sich hier das frühere rund 60 qm große Dienstzimmer des Klägers, das er weiter als Arbeitszimmer nutzen durfte.
Am 29. September 2000 brach ein unbekannter Täter vermutlich in der Zeit zwischen 14.20 Uhr und 17.35 Uhr in das Pfarrhaus ein. Der Kläger und seine Familie waren zu dieser Zeit außer Hauses. Auch die Angestellte des Gemeindebüros und der derzeit Dienst tuende Vertreter, Pfarrer (i.E.) F. S...., hatten das Haus verlassen. Nach dem Tatortsbericht der Polizei hebelte der Täter eines der beiden Holzfenster des Gemeindebüros mit einem Hebelwerkzeug auf und stieg dort ein. Der Täter durchsuchte das Gemeindebüro und das Büro von Pfarrer S.... und gelangte, nachdem er eine Verbindungstür zum Flur mittels von innen steckenden Schlüssels aufgeschlossen hatte, über den Flur in das Arbeitszimmer des Klägers und weiter über die Treppe in die Wohnung des Klägers. Zulasten des Klägers, der über keine Hausratsversicherung verfügt, wurden 2.000,-- DM Bargeld aus dem Sekretär seines Arbeitszimmers sowie im Wohnbereich Holländische Gulden im Gegenwert von ca. 100,-- DM, Geld aus einer Spardose in Höhe von 200,--DM, Schmuck im Wert von 6.000,-- DM, Silberbesteck im Wert von 500,-- DM und eine Geldbörse mit ca. 20,-- DM entwendet.
Unter dem 17. Oktober 2000 beantragte der Kläger bei dem Presbyterium der Kirchengemeinde B.... den Ersatz des erlittenen Schadens mit der Begründung, dass im Pfarrhaus Sicherheitsstandards nicht eingehalten worden seien: Die Gartentore seien nicht abschließbar, die Gemeindesekretärin habe es versäumt, die Rollläden im Gemeindebüro herunterzulassen, Büro- und Verbindungstüren seien unverschlossen gewesen.
Nachdem bereits die Kirchengemeinde B.... eine Verantwortlichkeit für den eingetretenen Schaden verneint hatte, lehnte das Kreiskirchenamt des Kirchenkreises … mit Bescheid vom 6. Februar 2001 die Gewährung von Schadensersatz mit der Begründung ab, dass ein Anspruch hierauf bereits dem Grunde nach nicht bestehe. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden sei nicht kausal auf ein Versäumnis oder Fehlverhalten von Gemeindebediensteten zurückzuführen. Der Kläger habe es selbst ermöglicht, ungehindert in seinen Wohnbereich vorzudringen, weil der Schlüssel der Etagentür am Tattag für jedermann zugänglich im Schloss dieser Tür gesteckt habe. Die Verantwortung für die Absicherung seines Privatbereichs liege bei ihm.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Landeskirchenamt durch Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2001 mit der Begründung zurück, dass ein Schadensersatzanspruch mangels Verletzung einer gegenüber dem Kläger bestehenden Fürsorgepflicht nicht gegeben sei. Unter Bezugnahme im Übrigen auf den Bescheid des Kreiskirchenamtes führte es weiter aus, über das ordnungsgemäße Verschließen der Eingangstür und der Fenster hinaus seien tagsüber keine weiter gehenden Sicherheitsvorkehrungen erforderlich gewesen. Ob die Innentüren im Erdgeschoss des Pfarrhauses abgeschlossen gewesen seien, sei irrelevant. Vorkehrungen gegen das unbefugte Betreten seines Wohnbereichs oder des von ihm weiter genutzten Dienstzimmers hätte der Kläger selbst treffen müssen. Im Übrigen sei es auch lebensfremd, Bargeldbeträge in der Größenordnung von 2.000,-- DM in den Dienstbereich einzubringen.
Mit seiner am 11. Juni 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens macht er geltend, durch das schuldhafte Steckenlassen des Schlüssels zum Privat- und Arbeitsbereich des Klägers sei es dem Täter erst ermöglicht worden, das Diebesgut zu erbeuten. Diese Dienstpflichtverletzung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Bei Einhaltung des Sicherheitsstandards, zu der die Beklagte kraft Sicherungs- und Fürsorgepflicht gehalten gewesen sei, wäre dem Kläger kein Schaden entstanden. Ihm vorzuhalten, dass er selbst Vorkehrungen hätte treffen müssen, sei geradezu widersinnig. Im Hinblick auf die Beurlaubung des Klägers hätte die Beklagte strikt die Privatsphäre des Klägers vom Dienstbereich des Pastors S.... mit Sekretariat trennen müssen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Türen zur Wohnung und zum Arbeitszimmer seien zwar verschließbar gewesen, es seien aber keine Schlüssel vorhanden gewesen. Seiner Aufforderung, neue Schlösser einzubauen, sei nicht nachgekommen worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Kreiskirchenamtes des Kirchenkreises vom 6. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landeskirchenamtes vom 8. Mai 2001 zu verurteilen, an ihn 4.509,59 EUR (= 8.820,00 DM) nebst 9,25 % Zinsen seit dem 6. Februar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden, ergänzend stellt sie klar, dass sich die Privaträume des Klägers nur im Obergeschoss des Pfarrhauses befänden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er einen Teil des Dienstbereichs mit privatem Mobiliar bestückt habe und ihm vor seiner Beurlaubung von den Dienstgeschäften im Erdgeschoss für dienstliche Zwecke ein Zimmer zur Verfügung gestellt worden sei. Lediglich der Flurbereich im Erdgeschoss werde, um zu den privaten Räumlichkeiten im Obergeschoss zu gelangen, auch privat von dem Kläger und seiner Familie mitbenutzt. Weiter macht die Beklagte geltend, dass ein ungehindertes, widerstandsloses Eindringen in das Pfarrhaus für Unbefugte nicht möglich gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landeskirchenamtes Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.
Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung steht dem Kläger nicht zu. Für die Geltendmachung anderweitiger Ansprüche, wie etwa des im Widerspruch erwähnten Anspruchs aus positiver Forderungsverletzung, ist der Rechtsweg zur Verwaltungskammer nicht eröffnet.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 des Kirchengesetzes über die dienstrechtlichen Verhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Union (Pfarrdienstgesetz – PfDG) vom 15. Juni 1996 (KABl. 1996 S. 269) gewährt die Kirche den Pfarrern Schutz und Fürsorge in ihrem Dienst und in ihrer Stellung als Pfarrer. Nach der Rechtsprechung der staatlichen Verwaltungsgerichte, der sich die Ver waltungskammer für den Bereich des kirchlichen Dienstrechtes bei der vorliegenden Problemstellung anschließt, erstreckt sich, sofern der Beamte – wie hier der Pfarrer gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 und 2 PfDG – eine Dienstwohnung zu beziehen hat, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn darauf, dass sich die im Eigentum des Dienstherrn oder seiner alleinigen Verfügungsgewalt stehende Dienstwohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet, der ihre gefahrlose Benutzung durch den Beamten und seine Familie ermöglicht.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. Oktober 1966 – VI C 39.64 –, BVerwGE 25, 138, 141; BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 – 2 C 5.99 –, Bayerische Verwaltungsblätter 2001, 216, 218; s. auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rdnr. 386, mit weiteren Nachweisen.
Dabei bezieht sich die Fürsorgepflicht nicht nur auf Leben, Körper und Gesundheit, sondern auch auf das Eigentum der geschützten Personen an Sachen, die sie in die Dienstwohnung eingebracht haben.
Vgl. Weimar, Recht im Amt 1969, 226.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn setzt ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der für ihn handelnden Personen voraus. Der Dienstherr haftet nicht für alle nachteiligen Folgen, die – im Sinne einer nicht hinwegzudenkenden Bedingung – in einem logischen Ursachenzusammenhang mit seinem Verhalten oder Unterlassen stehen. Er hat nur dann Schadensersatz zu leisten, wenn eine Fürsorgepflichtverletzung den geltend gemachten Schaden adäquat kausal verursacht hat. Der erforderliche haftungsrechtliche Zusammenhang kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000, a.a.O., S. 219.
Ein fürsorgepflichtwidriges Unterlassen des Dienstherrn ist für einen Schaden nur dann haftungsbegründend ursächlich, wenn das gebotene pflichtgemäße Handeln nicht nur möglicherweise, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Den Nachweis hat grundsätzlich der Geschädigte zu führen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000, a.a.O., S. 220.
Nach diesen Maßstäben kann der Kläger die Beklagte nicht aufgrund einer Fürsorgepflichtverletzung in Anspruch nehmen.
Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass sich die Dienstwohnung des Klägers zum Zeitpunkt des Einbruchs unter dem Aspekt der Eigentumsgefährdung nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befand. Jedenfalls hätte das Abstellen der vom Kläger geltend gemachten Mängel nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Schadens verhindert.
Eingangstüren und Fenster im gemeindlich genutzten Bereich waren verschlossen, nachdem die Gemeindesekretärin und der Pfarrer S....das Pfarrhaus verlassen hatten, sodass kein ungehinderter Zugang für Unbefugte möglich war. Dass zur ordnungsgemäßen Absicherung einer Dienstwohnung als Teil eines auch anderweitig für gemeindliche Zwecke genutzten Gebäudes nicht auch die Verschließbarkeit von Gartentörchen gehört, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Vertiefung. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass sich ein Einbrecher durch ein abgeschlossenes Gartentörchen von der Tatausführung hätte abhalten lassen. Dass der Zugang zum Grundstück durch den Zustand der Gartentörchen möglicherweise erleichtert worden ist, reicht für die Annahme haftungsbegründender Ursächlichkeit nicht aus.
Zur ordnungsgemäßen Absicherung gehört zumindest tagsüber – hier an einem Septembernachmittag – nicht das Herunterlassen von Rollläden im Erdgeschossbereich. Dies könnte vielmehr sogar gefahrsteigernd wirken, weil es den Eindruck erweckt, dass die Bewohner oder Nutzer abwesend sind.
Soweit es um den Zustand im Gebäudeinneren geht, kann eine Fürsorgepflichtverletzung nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass Büro- und Verbindungstüren im gemeindlich genutzten Bereich nicht unter Verschluss oder nicht verschließbar waren. Ob es dessen – etwa aus versicherungsrechtlichen Gründen – überhaupt bedarf, kann dahinstehen. Denn jedenfalls bestünde eine Verpflichtung oder Obliegenheit, Gemeinderäume (nach Dienstschluss) zu verschließen, nicht gegenüber dem Kläger. Unter dem Blickwinkel des Eigentumsschutzes könnte hinsichtlich einer etwaigen Pflichtverletzung allenfalls daran angeknüpft werden, dass der Zustand der Räumlichkeiten es dem Kläger nicht ermöglichte, die zuvörderst ihm für den privaten Bereich zukommende Eigenverantwortung wahrzunehmen und diesen Bereich abzugrenzen. Indes ist auch insoweit keine Pflichtverletzung festzustellen. Sollte der Kläger – wie er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – bereits bei seinem Einzug in das Pfarrhaus keine Schlüssel für die Etagentür zu seiner Wohnung und zum Arbeitszimmer vorgefunden haben, so hätte es an ihm als Vorsitzenden des für die Bauunterhaltung zuständigen Presbyteriums gelegen, für die Beseitigung des von ihm als solchen empfundenen Missstandes zu sorgen. Nach seiner Beurlaubung und Abberufung und damit dem Wegfall seiner Verantwortlichkeit sind erkennbar keine Veränderungen im Sicherheitsstandard eingetreten.
Im Übrigen bestünde der geltend gemachte Anspruch selbst dann nicht, wenn seitens der Beklagten pflichtwidrig unterlassen worden wäre, die Abschließbarkeit des Wohnbereichs und des Arbeitszimmers zu ermöglichen. Denn da der Täter offensichtlich Einbruchswerkzeug mit sich führte, hätten auch verschlossene Innentüren ihn nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daran gehindert, weiter im Hause in den Bereich des Klägers vorzudringen.
Liegen somit schon die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Fürsorgepflichtverletzung nicht vor, braucht die Kammer auch der Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers, die sich jedenfalls hinsichtlich der Aufbewahrung von 2.000,-- DM Bargeld im Arbeitszimmer aufdrängt, nicht weiter nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.