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Erläuterungen zur Friedhofswesenverordnung

Leitungsfeld 9 Recht und Organisation (Bock/Jurczik)

Stand: 03.05.2022

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Allgemeines zu Friedhöfen der Ev. Kirche von Westfalen

Geschichte
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts war das Friedhofs- und Bestattungswesen ausschließlich Angelegenheit der Kirchengemeinden. Heute gehören diese Aufgaben im Rahmen der sog. Daseinsfürsorge verfassungsrechtlich zu den Pflichtaufgaben der Kommunalgemeinden. Im Bereich der EKvW unterhalten immer noch ungefähr 250 Kirchengemeinden sowie zwei Verbände insgesamt über 320 Friedhöfe. Mittelfristig sollte vor dem Hintergrund der ständig wachsenden Anforderungen und der Risiken im Friedhofs- und Bestattungswesen diese zergliederte Struktur zugunsten von größeren und tragfähigeren Strukturen überwunden werden.
Einbindung in die Arbeit der Kirchengemeinde
Die Begleitung von Menschen im Trauerfall und im Rahmen einer Beerdigung bietet der Kirchengemeinde die Gelegenheit, mit möglichst vielen Menschen in Kontakt zu kommen und die christliche Auferstehungsbotschaft zu verkünden. Hier hat die Kirchengemeinde die Chance, die Menschen mit dem Evangelium in Berührung zu bringen und positive Bilder von Kirche zu transportieren. Der Friedhof als Teil der Kirchengemeinde soll sich in der Gemeindekonzeption widerspiegeln.
Rechtlicher Rahmen
Die Gesetzgebungshoheit im Friedhofs- und Bestattungswesen liegt bei den Bundesländern. In Nordrhein-Westfalen ist erstmals zum 1. September 2003 ein Bestattungsgesetz in Kraft getreten. Die erste Änderung dieses Bestattungsgesetzes trat am 1. Oktober 2014 in Kraft. Gemäß § 1 Absatz 2 Bestattungsgesetz NRW1# dürfen neben den Kommunalgemeinden auch Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, Friedhöfe anlegen und unterhalten. Um die rechtlichen Fragen der Verwaltung und Unterhaltung der evangelischen Friedhöfe in Westfalen zu regeln, hat die Kirchenleitung die Verordnung für das Friedhofswesen in der EKvW (Friedhofswesenverordnung – FWVO) einschließlich Durchführungsbestimmungen erlassen.
Entsprechend den staatlichen und kirchlichen Vorschriften müssen sich die Friedhöfe aus Gebühreneinnahmen finanzieren, die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu kalkulieren sind. Kirchensteuermittel dürfen zur Finanzierung der kirchlichen Friedhöfe nicht eingesetzt werden.
Weitere Rechtstexte sind
Verkehrssicherheit auf Friedhöfen der Kirchengemeinden - Bekanntmachung des Landeskirchenamtes vom 12. Februar 1970
Hygiene-Richtlinien für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen – Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 21. August 1979
Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 2012 sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gräbergesetz (GräbVwV)in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 2007
Satzungen
Das Friedhofsdezernat der Evangelischen Kirche von Westfalen erarbeitet Handreichungen (Zukunft und Entwicklung der evangelischen Friedhöfe, Anonyme Grabstätten, Islamische Bestattungen, Umweltschutz auf kirchlichen Friedhöfen), Mustersatzungen (Friedhofssatzung2#, Friedhofsgebührensatzung3#, Grabmal- und Bepflanzungssatzung4#) und Musterverträge (Werkvertrag mit Leistungsverzeichnis, Dauergrabpflegevertrag5#, Vertrag über die Errichtung und die Unterhaltung einer Gemeinschaftsgrabanlage mit Absicherung der Grabstätten durch treuhänderisch verwaltete Dauergrabpflegeverträge6#). Gemäß den Bestimmungen der FWVO müssen die Träger von Friedhöfen, die auf Basis der Muster erarbeiteten Satzungen dem Friedhofsdezernat zur Prüfung und kirchenaufsichtlichen Genehmigung vorlegen. Für die Friedhofsgebührensatzungen holt das Friedhofsdezernat die erforderliche staatsaufsichtliche Genehmigung der zuständigen Bezirksregierung ein.
Alle Satzungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Bekanntmachung. Den Rahmen dazu legt die Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (Bekanntmachungsverordnung – BekanntmVO7#) vom 26. August 1999 fest. Die jeweilige Friedhofssatzung regelt, in welcher Form die Bekanntmachung erfolgt (Amtsblatt der Kommunalgemeinde, Veröffentlichung in der Tageszeitung, Anschlag an der Bekanntmachungstafel der Friedhofsträgerin, Internet).
Chancen und Ausblick
Viele im Friedhofs- und Bestattungsbereich tätige Personen bestätigen, dass sich das Bild des Friedhofs in den letzten fünfzehn Jahren stark verändert hat. Gesamtgesellschaftliche Umbrüche und Veränderungen hinterlassen ihre Spuren. Dabei sind Trends zur Privatisierung (zum Beispiel Begräbniswälder), Individualisierung (zum Beispiel besondere Grabsteingestaltung) und Anonymisierung (zum Beispiel anonyme Bestattungen oder Aschestreufelder) vor dem Hintergrund einer deutlich gestiegenen Nachfrage nach Urnengrabstätten und pflegefreien Grabstätten zu beobachten. Friedhofsträgerinnen und Friedhofsträger, die die Attraktivität des Friedhofs durch neue Bestattungs- und Beisetzungsformen steigern möchten, müssen beachten, dass sich diese nur dann auf einem evangelischen Friedhof wiederfinden dürfen, wenn sie mit dem christlichen Menschenbild vereinbar sind. Deswegen sind Satzungen, die die Möglichkeit von anonymen Bestattungen oder Aschestreufeldern auf kirchlichen Friedhöfen vorsehen, nicht genehmigungsfähig. Soll Totenasche im Wurzelbereich eines Baumes vergraben werden, müssen auch patentrechtliche Grenzen beachtet werden.
Der Abbau eines Überhangs an Friedhofsflächen (Vermarktung von nicht benötigten Erweiterungsflächen, Schließung und Entwidmung von Grabfeldern bzw. Friedhöfen) und die Konzentration der Grabfelder sind zentrale Aufgaben der Bewirtschaftung der Friedhofsfläche.
Wichtig ist auch zu erkennen, dass sich die Friedhofsnutzer in den vergangenen Jahren von Antragstellern zu Kunden entwickelt haben. Sie prüfen Angebote, fragen nach und können zwischen verschiedenen Anbietern und Möglichkeiten wählen. Die Friedhofsträgerinnen und Friedhofsträger setzen sich mit Kundenwünschen auseinander und versuchen dem veränderten Kundenverhalten angemessen Rechnung zu tragen.
Zwecks Verbesserung der Darstellung Evangelischer Friedhöfe in der Öffentlichkeit stellt die Landeskirche Kirchengemeinden und Verbänden als Friedhofsträgerinnen ein Positionierungskonzept auf der Webseite „Evangelischer Friedhof – Ort der Hoffnung“ zur Verfügung.
Die Webseite https://www.gemeinde-bewegen.de/ (Wissensspeicher für die Arbeit im Presbyterium) bietet weitere Informationen. Die obigen Ausführungen sind auf Grundlage (teilweise auch in Auszügen) des Inhaltes „Gemeinde bewegen – B Gemeindeleitung – 6 Wirtschaftliche Leitung – 6.5 Bewirtschaftung von Grundstücken und Gebäuden“ entstanden. Sie löst das vorher regelmäßig als Printwerk erschienene „Gemeinde leiten – Handbuch für die Arbeit im Presbyterium (2016)“ ab.
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